Was Ochs und Esel an der Krippe zu sagen haben

26.12.2023 18:15 Uhr

(Christine Jann) In der Not der Coronazeit geboren fand die Ökumenische Christgeburtsfeier an Hl. Abend auch in diesem Jahr sehr großen Zuspruch - so groß, dass im weiten Kirchenschiff der Hofkirche gar nicht alle einen Sitzplatz fanden. Stadtpfarrer Herbert Kohler und sein evangelischer Kollege Steffen Schiller freuten sich über die vielen Besucher und erklärten die Verlegung in das geschützte Gotteshaus mit der unsicheren Wetterlage und den heftigen Windböen.

„Irgendwie passe dieses Wetter zu den stürmischen Zeiten des letzten Jahres“, bemerkte Pfarrer Kohler in der Einleitung, er denke dabei auch an die derzeitigen heftigen Kriege in der Welt, v.a. in Israel und im Gaza-Streifen. Wie sehr sehne man sich da nach einem anderen Miteinander und nach mehr Mitmenschlichkeit. Genau dafür stehe das Kind in der Krippe.

In Ihrer Ansprache, die beide Priester im Wechsel gemeinsam hielten, richteten sie das Augenmerk auf Ochs und Esel an der Krippe. Beide seien im Evangelium mit keinem Wort erwähnt, erinnerte der evangelische Pfarrer. Ihre Darstellung spiele an auf die Worte beim Propheten Jesaja: „Jeder Ochse kennt seinen Herrn und jeder Esel die Krippe seines Herrn“. Damit seien sie wie Hinweisschilder, die unseren Blick auf das Kind in der Krippe lenken und uns sagen, dass uns in diesem Kind Gott entgegenkomme.

Aber könne man das ernsthaft glauben, könne man in dem Kind wirklich Gott erkennen, stellte Herbert Kohler die Gewissensfrage. Man erwarte von Gott doch, dass er groß und stark sei, dass er von oben auf uns achten sollte. Und jetzt liege hier ein Gott ganz klein, in Windeln und schaue uns von unten an – sei man nicht ein Ochse oder Esel, wenn man das glaube? Aber genau so sei es, bekräftigte der Stadtpfarrer, es gehe darum, alte Vorstellungen aufzugeben und Gott mit neuen Augen zu sehen. Gott werde Mensch, weil er den Menschen vertraue und auf ihre Mitmenschlichkeit baue.

Noch etwas zeigten uns die beiden Tiere in der Krippe, fuhr Steffen Schiller fort: für das Gotteskind traten sie zur Seite und gaben sogar ihre Futterkrippe ab. So sollten auch wir dem Kind in der Krippe einen Platz in unserem Leben einräumen. Manches würde in einem anderen Licht erscheinen und erhellt werden.

Aber nicht nur für das Kind in der Krippe, sondern für alle Kinder sollten wir, die Großen und Entscheider, Platz machen, übernahm Stadtpfarrer Herbert Kohler noch einmal das Mikrofon, um es auch gleich an die kleine Katharina weiterzugeben. Stellvertretend für alle Kinder der Welt verlas sie einen emotionalen Appell an alle Erwachsenen:

Seht Ihr denn uns Kinder nicht
in dem Kind von Bethlehem?!
Wir brauchen doch Platz in dieser Welt:
Platz zum Wachsen, zum Spielen, zum Entdecken, zum Toben, zum Leben.
Wir wünschen uns eine Welt,
in der wir lachen können
und nicht Angst haben müssen
vor Krieg und Gewalt
Vertreibung und Flucht
Hunger und Not!
Seht Ihr denn uns Kleine nicht,
Ihr Großen,
wenn Ihr immer noch größer werden wollt.
Gebt uns doch eine Heimat auf dieser Erde,
ein Zuhause.
Wir brauchen keine Paläste,
wir brauchen Eure Herzen, Eure Augen, Eure Ohren, Eure Hände.
Wir reichen Euch die Hand,
Ihr Großen,
mit dem Kind in der Krippe.
Nehmt sie doch
bitte
und lasst uns gemeinsam in die Zukunft gehen.

Es passte zu der kurzweiligen Christgeburtsfeier, dass eine Bläsergruppe aus jungen Erwachsenen sie musikalisch sehr gelungen gestaltete. Mit ihren Instrumenten unterstützten Sie den Gesang der Weihnachtslieder.

Nach dem Segen lud Stadtpfarrer Kohler ein, sich vor der Kirche auf dem Karlsplatz zu versammeln, um gemeinsam „Stille Nacht“ zu singen. Als dann ca. 400 Menschen unter den Lichterketten des Karlsplatzes das wohl bekannteste Weihnachtslied sangen, war das ein wunderbarer und stimmungsvoller Abschluss der Feier.

(Bilder: Christine Jann)