(Regina Dorwarth) Anlässlich des Erich-Kästner-Jahres, das den 125. Geburtstag sowie den 50. Todestag des bekannten Schriftstellers würdigt, hat die Bücherei Hl. Geist zu einer besonderen Lesung im Pfarrsaal Hl. Geist eingeladen.
Der Autor und Gymnasiallehrer Tobias Roller stellte vor knapp 40 Besuchern seinen Debütroman Der Goldhügel vor, in dem Erich Kästner eine zentrale Rolle spielt.
Zum Einstieg in den literarischen Nachmittag trug Roller das eindrucksvolle Gedicht Kleines Solo von Erich Kästner (1947) vor, das zu seinen Lieblingsgedichten zählt. Danach las er aus vier Kapiteln seines Romans. Das Buch Der Goldhügel, eine Art „kleiner Zauberberg“ im Tessin, spielt während eines Sanatorium-Aufenthalts Kästners im Februar 1962. Doch statt Ruhe zu finden, wird Kästner von einer akuten Schreibkrise und Selbstzweifeln geplagt. Vergangene Liebschaften tauchen in seinen Gedanken auf und erschweren seinen Weg zur Genesung. Nur durch den ins Zimmer geschmuggelten Whisky und eine nicht enden wollende Kette von Zigaretten scheint er diesen inneren Dämonen begegnen zu können. Das ändert sich, als eines Tages ein ebenso cleveres wie charmantes Fräulein an seiner Tischgesellschaft Platz nimmt…
Tobias Roller las aus vier verschiedenen Artikeln. Zwischendurch ging Roller immer wieder auf Stationen in Erich Kästners Leben ein und stellte den Zuhörern einen für viele unbekannten Kästner vor. Er sprach unter anderem über die ambivalente Persönlichkeit des Autors. „Ambivalenz“, so Roller, „sei überhaupt die große Überschrift über Erich Kästners Leben.“ Er schilderte dessen schwierige Kindheit und Jugend, die Einschnitte seines Lebens während der NS-Zeit und die Tatsache, dass Kästner nach dem Krieg nicht mehr an seine früheren Erfolge anknüpfen konnte. Auch Kästners problematischen Umgang mit Frauen und sein Alkoholmissbrauch ließ er nicht unerwähnt. Roller verdeutlichte, dass Kästner sein ganzes Leben lang einen inneren Kampf führte. Diese Einblicke boten dem Publikum einen neuen, differenzierten Blick auf einen Autor, den viele zuvor vor allem durch seine Kinderbücher kannten. Doch Kästner schrieb auch Erwachsenenromane, Reportagen, Gedichte.
Im Anschluss an die Lesung fand ein angeregtes Gespräch statt, bei dem Tobias Roller zahlreiche Fragen der interessierten Anwesenden beantwortete und betonte, dass Kästners Probleme und Widersprüchlichkeiten für Ihn nicht den besonderen literarischen Wert seines Werkes schmälert und seine Schriften bis heute relevant bleiben.
Zum Abschluss hob Herr Stadtpfarrer Kohler hervor, dass die Bücherei Hl. Geist unter der Leitung von Christa Dorwarth zum wiederholten Mal vom Sankt Michaelsbund mit dem Bücherei-Siegel in Silber ausgezeichnet wurde – eine Ehrung, die für vorbildliche Büchereiarbeit steht und mit einem kräftigen Applaus des Publikums honoriert wurde.
Dank der Unterstützung der Bücherei-Mitarbeiterinnen konnten die Besucher den Nachmittag bei kleinen Snacks, Getränken und Gesprächen in angenehmer Atmosphäre ausklingen lassen
Der lesenswerte Roman Der Goldhügel kann in der Bücherei Hl. Geist ausgeliehen werden.
(Bilder: Wolfgang Böhm)