Pater Kiechle: Die Begegnung auf Augenhöhe, der respektvolle, dienende Umgang miteinander sollte das Kennzeichen der Christen sein.
(red) Vor genau 400 Jahren, am Sonntag, 21. Oktober 1618 wurde die Neuburger Hofkirche von vier Bischöfen in einer über fünfstündigen Zeremonie eingeweiht. Heuer fiel dieser Weihetag passenderweise exakt auf den Kirchweihsonntag und wurde so mit einem nicht minder beeindruckenden Festgottesdienst gefeiert.
Schon in den vergangenen Tagen wurde die Geschichte dieses Neuburger Wahrzeichens durch Vorträge und Führungen beleuchtet: Ursprünglich vom reformierten Landesfürsten in Auftrag gegeben als „Trutzmichel“ zur Michaelskirche in München, ließ der wieder zum Katholizismus konvertierte Wolfgang Wilhelm sie bewusst als strahlendes Zeichen der Gegenreformation konzipieren und prunkvoll als Marienkirche „Zu Unserer Lieben Frau“ ausgestalten.
Es waren die nach Neuburg geholten Jesuiten, die hier maßgeblich mitwirkten. Passend dazu konnte Pfarrer Herbert Kohler zum Festgottesdienst in der Hofkirche den ehemaligen Provinzial der deutschen Provinz der Jesuiten, Pater Stefan Kiechle SJ, als Zelebrant und Festprediger begrüßen.
In der voll besetzten Hofkirche war an diesem sonnigen Sonntag alles anwesend, was die Kirche lebendig macht: natürlich die vielen Gläubigen, denen die Hofkirche zur religiösen Heimat wurde, dazu Ministranten und Kirchenbesucher aus beiden Neuburger Stadtpfarreien, der Kirchenchor St. Peter, der mit der Darbietung der Krönungsmesse von W. A. Mozart für den feierlichen musikalischen Rahmen sorgte, die Vertreter der Orden, die Vertreter des öffentlichen Lebens, die mit ihrer Anwesenheit der Kirche ihre Anerkennung zollten, und auch Pfarrer Steffen Schiller als Vertreter der evangelischen Gemeinden Neuburgs. Dazu zogen vor der Kommunion noch die zahlreichen jungen Familien und Kinder ein, die im Pfarrsaal St. Peter zunächst mit einer Kinderkirche begonnen hatten.
Wie Jesus sich seine Kirche vorstellte, erläuterte Pater Kiechle in seiner Predigt zum Tagesevangelium: Ganz menschlich gab es auch unter den Jüngern Jesu das Streben nach Macht, den Wunsch nach Anerkennung und Privilegierung, der sich im Wunsch von Jakobus und Johannes äußert, zur Rechten Jesu sitzen zu wollen, wenn das Reich Gottes kommt. Pater Kiechle nutzte die Vorlage des Evangeliums, ganz klar den Machtmissbrauch nicht nur in der Politik, sondern auch in der Kirche anzusprechen. Aber ebenso klar auch darzustellen, was Jesus im Unterschied dazu eigentlich seiner Kirche aufträgt: „wer bei euch groß sein will, der soll euer Diener sein“. Die Begegnung auf Augenhöhe, der respektvolle, dienende Umgang miteinander sollte das Kennzeichen der Christen sein - und das sollte auch die Strukturen der Kirche bestimmen und in den Strukturen gelebt werden. Dieses Spezifikum des Christlichen müsse auch gemeinsam über alle konfessionellen Grenzen hinweg gelebt werden.
In seinem Grußwort am Ende des Gottesdienstes verdeutlichte Pfarrer Steffen Schiller, dass die Geschichte der Hofkirche heute ein gutes und hoffnungsvolles Zeichen sei, dass sich die Zeiten auch ändern können. Was einst als gegenseitige Machtdemonstration der Konfessionen geplant war und genutzt wurde, erlebt heute ein wunderbares Miteinander in gemeinsamen Feiern und Veranstaltungen.
Für das gute und schöne Miteinander von Kirche und öffentlichem Leben bedankte sich auch Oberbürgermeister Dr. Bernhard Gmehling in seinem abschließenden Grußwort.
Den Festgottesdienst haben wir in der Galerie "400 Jahre Hofkirche - der Festgottesdienst" in 12 Bildern festgehalten
(Bilder: Wolfgang Böhm)