"Für wen haltet ihr mich?"

10.03.2025 21:47 Uhr

(Christine Jann) „Für wen haltet ihr mich?“ mit diesem Jesuswort war die erste Fastenpredigt 2025 überschrieben. Dazu kam mit Dr. Rainer Florie ein habilitierter Theologe in die Hofkirche und dementsprechend hochkarätig war auch seine Predigt. In seinem klar gegliederten, verständlichen Vortrag gab er in brillanter Weise auch Nicht-Theologen einen Einblick in die Diskussion um eine der zentralsten Fragen des Christentums: „Wer ist Jesus Christus?“

Diese Frage stellten sich Menschen seit seinem Tod am Kreuz. Es ist der Versuch, Christus zu verstehen. Im Laufe der Zeit und der Jahrhunderte gab es viele Antwortversuche dazu, die sich auch in den Evangelien und in den Paulusbriefen niedergeschlagen haben, wie der Kirchenhistoriker Dr. Florie durch einige Zitate deutlich macht.

Im Folgenden nahm er dann die Zuhörer mit auf eine spannende theologische Reise.

Vom jüdischen Ursprung des Christentums stammte die Überzeugung, dass es nur einen einzigen Gott gibt. Wie aber passt Jesus Christus dazu? Die Frage verstärkte sich noch mehr mit der Ausbreitung des Christentums in den hellenistischen Raum und der damit verbundenen Begegnung mit der griechischen Philosophie. Die Inkulturation in die griechisch geprägte Welt verlangte es einerseits an diese Welt anzuknüpfen, gleichzeitig aber auch Widerspruch einzulegen und das Besondere des christlichen Glaubens hervorzuheben.

Wie kann man das Verhältnis von Vater und Sohn also denken? Darüber entspann sich Anfang des 4. Jahrhundert ein großer zunächst theologischer Streit, der dann aber politisch wurde. Nach dem Motto „ein Kaiser, ein Reich, eine Kirche“ drängte der weltliche Kaiser Konstantin die Kirchenmänner zu einer Einigung und lud dazu alle Bischöfe zur ersten Synode im Jahr 325 nach Nizäa ein.

Dabei stand auf der einen Seite die von platonischem Denken geprägte Überzeugung des Arius: Christus könne nicht Gott gleichgestellt sein, da er gezeugt wurde, sei er ein Geschöpf und damit wesensfremd dem Vater. Auf der anderen Seite das klare Bekenntnis vieler Bischöfe, dass Vater und Sohn eins sind und der Sohn nicht untergeordnet werden könne, da er sonst nicht der Erlöser sein könne.

Als Lösung des Konflikts entstand auf diesem ersten ökumenischen Konzil das christliche Glaubensbekenntnis, das bis heute Bestand hat und alle christlichen Konfessionen verbindet. Darin wird (gegen die Lehre des Arius) die Wesensgleichheit des Sohnes mit dem Vater bekannt (Gott von Gott, Licht vom Licht, … eines Wesens mit dem Vater). Vater und Sohn sind als Einheit in Beziehung zu verstehen, der Sohn gehörte von Anfang an zu Gott und so war Gott schon immer Vater.
Die Auslegung findet die Formulierung „Gott ist Liebe“ und in Gott selbst ist diese liebende, nicht zu trennende Beziehung von Vater und Sohn.

Zum 1700jährigen Jubiläum des Konzils von Nicäa bekamen die Neuburger mit dieser Fastenpredigt einen fundierten Einblick zu dessen Entstehung und Inhalt. Zum Abschluss zog Dr. Florie noch bemerkenswerte Resümees, welche wesentlichen Erkenntnisse auch heute noch relevant sind: Aus menschlichen Auseinandersetzungen kann Bleibendes entstehen. Neue Erkenntnisse brauchen Zeit bis sie in das Leben der Kirche Eingang finden. Mit dem Nicäischen Bekenntnis gibt es ein Fundament, das alle Christen eint. Nicäa brachte eine Revolution im Gottesbegriff und es bleibt jeder Zeit die Aufgabe, ihn neu zu übersetzen und zu denken. Ein Christentum ohne Christus ist nicht möglich.

Und so beendete er seine Predigt mit dem Aufruf: „Lassen wir die Welt wissen, woran wir glauben, und worauf wir unsere Hoffnung gründen!“

Wer nach dem theologischen Diskurs sich nun fragt: „Was hat das mit meinem Glauben zu tun?“, ist herzlich eingeladen, am Mittwoch, den 12. März, zum Glauben-Gespräch dazu um 19:00 Uhr in den Pfarrsaal von Hl. Geist zu kommen.

(Bilder: Wolfgang Böhm)